Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg prüft, ob das deutsche Verbot des Vertriebs anonymer Prepaid-Handykarten mit dem Recht auf Achtung der Privatsphäre vereinbar ist.
Der Beschwerdeführer Patrick Breyer von der Piratenpartei:
„Smartphones sind die Telefonzellen oder Briefkästen des 21. Jahrhunderts. Sie müssen genauso anonym nutzbar sein wie frühere Kommunikationsformen, denn Anonymität ist unverzichtbar für Presseinformanten und Whistleblower, zur unbefangenen Äußerung unliebsamer Meinungen im Internet, für den vertraulichen Austausch von Geschäftsgeheimnissen, für die vertrauliche Koordinierung politischer Proteste oder für die psychologische, medizinische und juristische Beratung von Menschen in Not. Laut EU-Kommission und GSMA gibt es keinen Beleg dafür, dass der leicht zu umgehende Registrierungszwang die Zahl der begangenen Straftaten senkt.“
Wie der Gerichtshof den Beschwerdeführern mitteilte, stehe ihre 2012 eingereichte Beschwerde nun zur Prüfung an. Die Bürgerrechtler rechnen sich gute Chancen auf Anerkennung eines „Rechts auf anonyme Kommunikation“ aus.
Der DJV Berlin-Brandenburg unterstützt diese Forderung, da es durch die Vorratsdatenspeicherung immer weniger Möglichkeiten gibt, sich anonym der Presse als Informant anzuvertrauen. Außerdem ist es unerträglich, dass häufig EU-Ausländer keine SIM-Karte anmelden dürfen. Durch anonyme Anmeldung können auch Touristen Prepaid-Karten überhaupt nutzen.
Durch den Registrierungszwang werden rechtschaffene Bürger in ihren Rechten eingeschränkt. Dagegen nutzen Kriminelle die zahlreichen Umgehungsmöglichkeiten wie Fantasienamen oder den Erwerb auf dem Gebrauchtmarkt. Da die Mehrheit der EU-Länder keine Registrierung verlangt, gibt es auch reichlich ausländische Karten für gesetzeswidrige Aktivitäten.
Der geforderte Zwang zur Registrierung von Prepaid Kreditkarten wird demnächst unter gleichen Gesichtspunkten zu prüfen sein.