„Pranger“ sind nicht zulässig – Auch Idioten haben Persönlichkeitsrechte

Gestern hat das OLG München bestätigt, dass öffentliches Anprangern die Persönlichkeitsrechte verletzt:

„Die Richter sahen in dem Pranger einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen. Eine derartige Bildberichterstattung, in der Personen mit vollem Namen und Profilbild unter einer derartigen Überschrift abgebildet werden, habe eine solche Prangerwirkung, die die Facebook-Nutzerin nicht dulden müsse. Der Verstoß gegen Persönlichkeitsrechte sei so eindeutig, dass es auf urheberrechtliche Erwägungen nicht mehr ankomme“ heißt es bei DWDL

Auch menschen-verachtende oder ausländerfeindliche Äußerungen rechtfertigen nicht den schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Poster durch die identifizierende Bildberichterstattung. Eine Frau war mit Klarnamen und Profilbild vom Springerblatt „Bild“ an den „Pranger der Schande“ gestellt worden und hatte dagegen geklagt.

Die Richter des OLG werteten die Verletzung der Persönlichkeitsrechte höher als die zeitgeschichtliche Relevanz ein. Dagegen hatte Bild seine Position erfolgreich beim Presserat verteidigt, der die ursprünglich Äußerung in einem öffentlichen Forum als ausreichend für die Weiterverbreitung durch „Bild“ ansah.

Der Presserat liegt hier sicher falsch, da eine Äußerung in Facebook regelmäßig nur einen kleinen Kreis erreicht, wogegen durch das „Anprangern“ eine millionenfache Verbreitung erfolgt und durch die einseitig negative Anprangerung eine Art von Hetzjagd auf Menschen mit einer missliebigen Meinung eröffnet wird.

Voltaire: „Es ist klar, dass jeder, der einen Menschen, seinen Bruder, wegen dessen abweichender Meinung verfolgt, eine erbärmliche Kreatur ist“

Wäre nicht die Verfolgung von Andersdenkenden das Hauptziel des Prangers, würde auch eine Anprangerung mit unkenntlich gemachtem Profilbild und gekürztem Namen die gleiche Wirkung erzielen. Der Pranger soll Mitbürger einschüchtern und von kritischer Meinungsäußerung in der falschen politischen Richtung abhalten.

Gerade Journalisten sollten die freie Meinungsäußerung schätzen. Dabei müssen auch idiotische oder grenzwertige Äußerungen hingenommen werden. Freiheitsrechte bringen eben auch Nachteile mit sich.

Evelyn Beatrice Hall „Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie sie sagen dürfen.“

„Bild“ will gegen die Entscheidung vorgehen und notfalls bis zum BGH zu gehen.

OLG München: Bilds „Pranger der Schande“ für rechte Hetzer auf Facebook ist unzulässig

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