„Die Abkehr von der sogenannten Tarifeinheit war überfällig, denn die Zwangsvertretung von Arbeitnehmern durch DGB-Gewerkschaftsseilschaften war von Anfang an verfassungswidrig“, lobte der Brandenburgische DJV-Vorsitzende Hans Werner Conen die neue Rechtsprechung des Erfurter Bundesarbeitsgerichts. Das BAG hält an seiner Ansicht, in einem Betrieb dürfe es nur einen Tarifvertrag geben, nicht mehr fest. Dies wird als Sieg kleinerer Sparten-Gewerkschaften und freier Arbeitnehmervereinigungen gewertet, die sich bisher dem Funktionärs-Diktat der großen Gewerkschaften unterwerfen mußten.
Conen: „Unbegreiflich, aber wahr: Erst seit heute können Arbeitnehmer selbst entscheiden, ob und durch wen sie sich vertreten lassen wollen. Denn bisher bevormunden Tarifkartelle und ihre Eigeninteressen die Belegschaften – so als habe es das Grundgesetz und die Koalitionsfreiheit nie gegeben. Die hochmütigen Funktionäre werden begreifen müssen, daß ihre Macht schwindet, weil freie Menschen endlich selbst bestimmen können.“
Nach Ansicht des Brandenburgischen Vorsitzenden muß nach dem Erfurter Urteil der Sinn von Flächentarifverträgen neu hinterfragt werden. Denn nun gibt es die insbesondere aus der Sicht der Betriebe wichtige Friedenspflicht während der Laufzeit von Tarifverträgen nur noch für Mitglieder der betreffenden Gewerkschaft. Andere Vereinigungen können jederzeit zu Aktionen oder zum Streik aufrufen. Für die Medienindustrie zeichnen sich erhebliche Veränderungen ab. Flächentarifverträge wie die von Verdi/DJV dürften unter zusätzlichen Druck geraten. Conen kündigte an, beim DJV-Bundesverband die Auflösung der Tarifgemeinschaft mit der DGB-Gewerkschaft Verdi zu beantragen.
Der DJV-Brandenburg sieht in dem Urteil des BAG eine gute Chance, die wirklichen Interessen seiner Mitglieder besser als bisher vertreten zu können.
Hans Werner Conen