Lehren aus Kachelmann-Verfahren: Der Pressekodex muss für die Gerichtsberichterstattung ergänzt werden

Der DJV Brandenburg verwehrt sich gegen die Forderungen aus Regierungskreisen nach Gesetzesverschärfungen im Nachgang zum Kachelmann Prozess. Das reflexhafte Verschärfen von Gesetzen ist zu einer schlechten Angewohnheit der Politik zur Wählergewinnung geworden. Im konkreten Falle drohen eine weitere Einschränkung der Pressefreiheit und ein Schaden für die Transparenz.

Die Öffentlichkeit im Strafverfahren gehört zu den Errungenschaften eines modernen Rechtsstaates und darf nur in Ausnahmefällen eingeschränkt werden. Ein weitergehender Ausschluss der Öffentlichkeit hätte auch nicht viel geändert, da die meisten Verfehlungen nicht durch Berichte aus dem Gerichtssaal, sondern durch verantwortungslose Redaktionen begangen wurden.

DJV Brandenburg Geschäftsführer Klaus Minhardt: „Ein fairer Prozess ist nicht mehr möglich, sobald Zeugen Geld oder andere Vergünstigungen zugesichert bekommen, falls sie noch vor der offiziellen Zeugenanhörung ihr Wissen dem Verlag anvertrauen und dieser schon vorab berichtet. Eine Beeinflussung der Zeugen im Sinne der Redaktion bei gleichzeitiger Geldzahlung führt den späteren Prozess ad absurdum.“

Im Kachelmann-Verfahren war die Öffentlichkeit viel zu häufig ausgeschlossen und die Berichterstattung stark behindert. Die Schlagzeilen wurden dagegen durch Spekulationen, gekaufte Interviews und Recherchen in der Privatsphäre der Beteiligten bestimmt. Letzteres belastet vermeintliches Opfer und Beschuldigten viel mehr, als die Berichterstattung aus dem Gerichtssaal. Die vielen Einstweiligen Verfügungen, Gegendarstellungen und Unterlassungserklärungen beruhten überwiegend auf dem außergerichtlichen Stöbern im Dreck.

Der Vorstand DJV Brandenburg schlägt daher dem Presserat eine Erweiterung des Pressekodex im Bereich der Gerichtsberichterstattung vor:

Medien dürfen Verfahrensbeteiligten (Zeugen/Parteien) in Gerichtsverfahren keinerlei Vergünstigungen oder Geld vor Ende ihrer Teilnahme am Verfahren anbieten. Über Zeugen und deren Äußerungen darf erst nach deren Anhörung durch das Gericht berichtet werden.

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