Die selbstverstärkende Filterblase von Facebook und Google

Früher hat man seinen Suchbegriff in Google eingegeben und bekam wild durcheinander gewürfelte Ergebnisse. Der Mechanismus der Suchmaschine richtete sich nach der Häufigkeit von Links auf die Trefferseite, der Suchworthäufigkeit und einigen weiteren Merkmalen wie der durchschnittlichen Verweildauer anderer Besucher. Auch bei Facebook und Twitter bekam man die neuen Beiträge chronologisch aufgelistet.Das ist längst vorbei und man muss sich fragen, wie filtern die großen Anbieter die Ergebnisse.  So analysiert Google alle meine Suchanfragen, Klicks und Einkäufe und versucht einen perfekt auf mich zugeschnittenen Filter zu generieren. So erhält die Familie mit Kinder bei Suche nach Bekleidung besonders viele Klamotten für Kinder, während die allein stehende MILF von luxuriösen Dessous bis zu High Heels geflutet wird. Das klingt auf den ersten Blick sehr praktisch, wird aber gelegentlich peinlich und führt final sogar zu einer Beeinflussung der Meinung.  Diese Algorithmen nennt man Filterblase.

Während es bei Google noch Filter genannt werden kann, sprechen Forscher bei Facebook von einer Echokammer. Bei Google kann man den Filter beeinflussen indem man zum Beispiel mit einer Identität nach den täglichen Dingen des Lebens sucht und mit einer Zweiten die politischen und sexuellen Dinge sucht, die niemand wissen soll.

Bei Facebook erhält man die politischen Meinungen geliefert, denen man selbst nahesteht. Durch das Liken dieser Beiträge verteilt man die Beiträge wiederum bei seinen eigenen Freunden und verstärkt so diese Meinung. Auch diese bekommen immer mehr Beiträge angeboten, die zu den bisherigen Artikeln passen. Alleine das Lesen bestimmter Nachrichten liefert Facebook die Information, dass dieser Nachrichtentyp angenommen wird und wieder verstärkt sich diese Art der Meinung.

Das gab es auch schon vor fünfzig Jahren, da man sich immer gerne an den Stammtisch begab, der viel Zustimmung brachte. So lesen auch Linke lieber die SZ, FR oder taz, während Konservative eher zur Frankfurter Allgemeinen tendieren. Die Menschen neigen dazu sich bestätigen zu lassen und das nutzt Facebook schamlos aus.

So äußerte sich Andy Mitchell, bei Facebook für Nachrichten zuständig,  im Frühjahr 2015: „Facebook sollte für niemanden die primäre Nachrichtenquelle oder Nachrichtenerfahrung sein.“ Und: „Wir kontrollieren das Newsfeed nicht, Sie kontrollieren das Newsfeed.“

Der Unterschied zu Stammtisch und Zeitung ist, dass Facebook durch Personalisierung und Rückkopplung die Verstärkung vorhandener Meinung zum Exzess bringt. Die Auseinandersetzung mit anderen Standpunkten findet immer weniger statt. So erklärt sich auch, dass der Ruf „Lügenpresse“ immer lauter wird. Natürlich gibt es Verfehlungen der Medien, aber die Situation ist nicht so gravierend wie viele derzeit meinen. Wer Lügenpresse Artikel liest, teilt oder liked, der bekommt immer mehr davon.

Die Echokammern des Internet sorgen so für eine Radikalisierung der Bevölkerung in ALLEN Themenbereichen. Ein Blick auf Verschwörungstheoretiker, Impfgegner, Ausländerhasser, Flüchtlingsfreunde oder religiöse Fanatiker belegt diese problematische Entwicklung für die Gesellschaft.

EInige Wissenschaftler haben sich mit dieser Entwicklung beschäftigt. Der Artikel The spreading of misinformation online liefert interessante Gesichtspunkte.

Eine weitere Studie belegt, das missliebige Information, die nicht ins Weltbild passen, einfach ignoriert werden oder die Gruppe zu noch mehr Solidarität treibt. Versuchen Sie in einer Facebook Diskussion einmal eine Gegenmeinung zu platzieren: sie werden massiv angegriffen und finden selten einen Mitstreiter. Es wird dabei gelogen was das Zeug hält. Jede Information aus dem Netz, die die vorgefasste Meinung verstärkt wird unreflektiert übernommen und weiter verbreitet. Eine Prüfung auf Echtheit, Plausibilität oder eine zweite Quelle wird als überflüssig gesehen. Sogar als Satire gekennzeichnete Beiträge werden als neuer Wahrheitsbeweis fürs eigene Weltbild verwendet.

Von dieser Entwicklung profitieren derzeit AfD, PEGIDA, der Kopp-Verlag und viele andere zufällig zusammen gewürfelte Gruppen. Meine Versuche differenzierte Äußerungen in Facebook zu finden, gleicht der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen.

Differenzierte und feinsinnige Meinungsäußerungen gehen im Echobunker Facebook hoffnungslos unter. Das Laute und Radikale hat längst die Oberhand gewonnen.

Sascha Lobos Ruf nach den mindestens Mittelbegabten ist hoffnungslos, da die Masse dumm ist und der Intelligente nach einigen gescheiterten Versuchen der Auseinandersetzung mit den Idioten in Facebook bald jegliche eigene Aktivität in Form von Meinung einstellt.

 

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